Dieser Blogpost ersetzt keine rechtliche Beratung und ist als Gedanken-Anstoss gedacht, die aktuelle Auffassung von Gast-Konten zu hinterfragen.

Reger Meinungs-Austausch auf Facebook: https://www.facebook.com/groups/gambioshop/posts/6274476709283647/

Aus Gesprächen mit Shop-Betreibern hören wir häufig, dass "Gastkonten auf jeden Fall gelöscht werden müssen" - und sehen dann, wie sich die Shopbetreiber mit dem Vernichten von tausenden wertvollen Kunden selbst die Grundlage für ein gesundes Wachstum zerstören! Denn Neukunden-Gewinnung ist typisch 10x teurer, als bestehende Kunden wiederzugewinnen.

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Argumentation: Neukunden-Gewinnung ist teuer - Gast-Konten sind wertvoll

Neue (Gast-) Kunden werden häufig über Google Adwords & Co. für 10Eur und mehr "eingekauft" und nach der 1. Bestellung mit dem Löschen der Gastkonten vernichtet - dabei wäre es sehr einfach, über MailBeez Email-Retargeting diese Kunden unaufdringlich, personalisiert und automatisiert fortlaufend daran zu erinnern, wo sie zuletzt gekauft hatten und auf diese Weise letztendlich wieder als Kunden gewinnen zu können.

Denn ohne eine solche Erinnerung ist der Shop nach Erhalt der Waren schnell vergessen und der nächste Einkauf startet mit einer Suche auf Google und Klick auf die höchst bezahlten Adwords... wer ist hier der Gewinner?

Was viele Shopbetreiber nicht wissen: Man darf alle Kunden - Behauptung: egal ob mit oder ohne selbst gewähltem Passwort - mit Kaufverhältnis auch ohne explizite Einwilligung kontaktieren, wenn die entsprechenden Ausnahemregeln eingehalten werden - mehr dazu auf Rechtssichere Email-Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung. Soweit die AGB und die Texte im Shop also keine Versprechen zum Löschen der Konten bei Gastbestellungen enthalten, steht der Anwendung dieser Ausnahme-Regelung nach aktuellem Wissensstand nichts im Wege.

Mit dem Löschen von Gast-Konten zerstören Shopbetreiber sich also die Grundlage für ein personalisiertes Email-Retargeting und somit Kundenrückgewinnung! Behält man diese Kunden-Konten, kann MailBeez automatisierte Email-Retargeting-Kampagnen ausführen, die zu Folge-Käufen führen und letzt-endlich aus einem schnellen Gast-Besteller einen treuen Bestandskunden machen können!

Argumentation: Warum Gast-Konten nicht gelöscht werden brauchen, müssen und sollten

Die Möglichkeit als "Gast" zu bestellen, wird aus verschiedenen Gründen gerne genutzt.

Vermutlich auch, weil sich Kunden nicht mit den Passwörtern rumschlagen möchten, die später eh nicht mehr gefunden werden - kein Passwort, kein Problem.

Und bei der nächsten Bestellung kann man ja schnell alle Angaben per Auto-Fill eintragen lassen.

Das Shop-System bietet eine Funktion zum Löschen der Gast-Konten, also muss man die dann wohl auch löschen, oder?

Technisch gesehen bezeichnet der Begriff "Gast-Konto" ein Kunden-Konto ohne selbst gewähltes Passwort. Andere Bezeichnungen für diese Art von Kunden-Konto sind "Schnell-Besteller" oder "Bestellen ohne Passwort". Daher sind diese vollwertigen Kunden-Konten auch lediglich der Gruppe "Gast" zugeordnet und das Shopsystem verknüpft dann einige "Gast"-Funktionen mit dieser Kundengruppe.

Bisher konnten wir jedoch noch keinen Gesetzes-Passus finden, welcher besagt, dass Kunden-Konto dieser Art gelöscht werden müssten.

Und warum auch, die Daten der Kunden müssen eh mit der Bestellung gespeichert werden.

Daher besteht kein ersichtlicher Grund, Gast-Konten zu löschen! Zudem kann mit dem Modul "Gastkonten zusammenfassen" kann sogar automatisiert dafür gesorgt werden, dass alle Daten eines Kunden anhand der Email-Adresse sauber zusammengefasst werden.

Was meinen Rechts-Experten?

Micele Ulbricht vom Händlerbund schreibt auf Facebook:

Hallo zusammen! Danke fürs Taggen Cord MailBeez. Ich schalte mich hier mal stellvertretend für Karo bzw. den Händlerbund ein. 😉

Ich habe mit unseren Juristen Rücksprache gehalten und es ist... wie meistens... schwierig. 😅 Es wird jetzt auch super lang, please don't shoot the messenger!

Erstens: Nach Art. 17 Abs.1 lit. a) DSGVO müssen die Daten, die zum Zwecke der Vertragserfüllung (=Kaufvertrag) erhoben worden sind, unverzüglich nach Zweckerreichung gelöscht werden, sofern sie nicht mehr erforderlich sind (bspw. zur Geltendmachung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen oder wegen Aufbewahrungspflichten).

Zweitens: Inwiefern Daten auf Basis eines berechtigten Interesses zur Bestandskundenwerbung gespeichert und verarbeitet werden, hat mit 1. vielleicht praktische Überschneidungspunkte, ist rechtlich formal davon aber zu trennen. Es wäre also etwa zu prüfen, welche Daten hier tatsächlich verarbeitet werden müssen weil erforderlich, und in welchem Umfang. Mangels bekannter Rechtsprechung hierzu, ergeben sich hinsichtlich der Speicherdauer sicherlich Argumentationsräume, deren Nutzung aber auch schnell mit Rechtsunsicherheit einhergehen kann. Gute Gründe, nicht pauschal von einer zeitlich unbeschränkten Verarbeitungsdauer auszugehen, gibt es in jedem Fall. Der Händlerbund vertritt die Auffassung, dass die E-Mail-Adresse nicht länger als ein Jahr nach erfolgtem Kauf für die Direktwerbung genutzt werden sollte, so kann sichergestellt werden, dass die Werbung tatsächlich nur im Zusammenhang mit dem erfolgreich getätigten Kauf verschickt wird.

Drittens: Davon abgesehen sollten zwingend die strengen Anforderungen der Bestandskundenwerbung berücksichtigt werden. Für die Praxis dürfte hier schon das Merkmal problematisch werden, dass der Betroffene bei Erhebung seiner Daten über deren Verwendung für Bestandskundenwerbung informiert werden muss. Nachgeholt werden kann das logischerweise nicht. Ist es nicht passiert, bleibt einem die Möglichkeit der Bestandskundenwerbung verwehrt.

Und Bonus – Viertens: 4. Grundsätzlich sollte man sich im Rahmen des Datenschutzrechtes eher die Frage stellen, welche Regulierungen vorhanden sind, die eine Verarbeitung überhaupt rechtfertigen, als welche Regulierungen vorhanden sind, die eine Löschung erforderlich machen. 😉

Harter Tobak zum Freitag, I know... Ich muss hier aber auch nochmal den Disclaimer hinzufügen: "Es kommt immer auf den Einzelfall an."

Was das ganze nun für die Praxis bedeutet, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden.

Ich hoffe, es gab neue Denkanstösse, um nicht in die "Das haben wir schon immer so gemacht" Falle zu stapfen.

Dieser Blogpost ersetzt keine rechtliche Beratung und ist als Gedanken-Anstoss gedacht, die aktuelle Auffassung von Gast-Konten zu hinterfragen.

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